Der Titel 'FPF #1', des zweiteiligen Fotogramms, aus der gleichnamigen Werkserie, verweist auf die Abkürzung für 'Frame Per Foot' und damit auf den Entstehungsprozess der Arbeit. Jedes Fotogramm der Serie...
Der Titel "FPF #1", des zweiteiligen Fotogramms, aus der gleichnamigen Werkserie, verweist auf die Abkürzung für "Frame Per Foot" und damit auf den Entstehungsprozess der Arbeit. Jedes Fotogramm der Serie wurde so lange belichtet, wie ein menschlicher Fuß für einen einzigen Schritt den Boden berührt, wobei sich die Dauer je nach Gang und Geschwindigkeit des Gehenden ändert. Deschenes bezieht sich dabei auf das Maß für Bilfrequenzen "frames per second", die die Anzahl der Einzelbilder einer Kamera, die pro Zeitspanne aufgenommen werden, beschreibt. Die Künstlerin nutzt analoge fotografische Techniken um die Zeit als physische Einheit zu untersuchen und sichtbar zu machen. "FPF #1" ist eine Aufzeichnung der materiellen Bedingungen seiner Entstehung. Je nach Helligkeit während der Belichtung des fotosensitiven Papiers und der Intensität der chemischen Entwicklung verändert sich die Struktur der Oberfläche. An die Stelle einer vermittelnden Realität – beispielsweise eines Motivs in Form eines Fußabdrucks – tritt die unmittelbare Realität des fotografischen Prozesses. Die nebeneinander versetzt horizontal gehängten Arbeiten haben eine monochrome spiegelhafte Wirkung, die bei genauerem Hinsehen eine höchstindividuelle sensible Oberfläche offenbaren: "It changes, it oxidizes, it catches handprints if handled. It is a sensitive, vulnerable material." Die Fotografie ist nicht mehr nur eine Momentaufnahme, sondern sie nimmt die Einflüsse ihrer Umgebung fortwährend in sich auf. "FPF #1" ist nicht als klassisches Bild zu sehen, sondern als eine Erfahrung, die an Raum und Zeit gebunden ist. In Liz Deschenes Werk ist die tiefgründige Auseinandersetzung mit der Geschichte der Fotografie allgegenwärtig. Die Arbeiten aus der Serie "FPF" stehen inhaltlich in Bezug zu Étienne-Jules Marey, einem Pionier in der Entwicklung des bewegten Bildes. In den 1880er Jahren baute Marey den ersten Chronophotographen, mit dem zunächst bis zu zehn Bewegungsphasen auf einer einzigen lichtsensitiven Oberfläche festgehalten werden konnten. Dabei stand die Analyse von physiologischen Phänomenen, wie der menschliche Gang, im Fokus. Nach der apparativen Aufzeichnung durch den fotografischen Apparat übersetzte Marey die Ergebnisse in Kurven, Diagramme und Graphen, die wie abstrakte Grafiken wirken. Deschenes Serie "FPF" sind eine Übertragung dieser wissenschaftlich anmutenden Aufzeichnungen und sind eine weitere Untersuchung von Zeit im Raum anhand fotografischer Mittel. Beide eint das Interesse an einer reduzierten Darstellung von Bewegung und Zeit. Die Hängung Deschenes meist zweiteiliger Arbeiten erinnert einerseits an Schrittabfolgen und sind andererseits direkte Referenzen auf Mareys Studien. Marey nutzte Fotografie als Möglichkeit menschliche Bewegungen in Phasen festzuhalten und legte damit Grundsteine für die Kinematographie, die ebenfalls eine intensive Auseinandersetzung in Deschenes Werk findet.
The title "FPF #1", of the two-part photogram from the series with the same name, refers to the abbreviation for "Frame Per Foot" and thus to the process of creating the work. Each photogram of the series was exposed for as long as a human foot touched the ground for a single step, the duration varying according to the gait and speed of the walker. Deschenes refers to the measure for image rates "frames per second", which describes the number of individual images of a camera that are taken per time frame. The artist uses analog photographic techniques to examine and visualize time as a physical unit. "FPF #1" is a record of the material conditions of its creation. The structure of the surface changes depending on the brightness during the exposure of the photosensitive paper and the intensity of the chemical development. The immediate reality of the photographic process takes the place of a mediating reality - in the form of a motif. The horizontally staggered works have a monochrome mirror-like effect, which, upon closer inspection, reveal a highly individual, sensitive surface: "It changes, it oxidizes, it catches handprints if handled. It is a sensitive, vulnerable material." Photography is no longer just a momentary snapshot, it is constantly absorbing the influences of its surroundings. "FPF #1" should not be seen as a classic picture, but as an experience that is bound to space and time. In Liz Deschene's work, the profound examination of the history of photography is omnipresent. The works from the "FPF" series relate to Étienne-Jules Marey, a pioneer in the development of the moving image. In the 1880s, Marey built the first chronophotograph, which initially made it possible to capture up to ten phases of movement on a single light-sensitive surface. The analysis of physiological phenomena such as the human gait were in focus. Following the recording by the photographic apparatus, Marey translated the results into curves, diagrams and graphs that look like abstract graphics. Deschene's series "FPF" is a transformation of these scientific-looking recordings and are a further investigation of time in space using photographic methods. Both Marey and Deschenes are united by their interest in a reduced representation of movement and time. The hanging of Deschene's mainly two-part works is reminiscent of step sequences on the one hand and is a direct reference to Marey's studies on the other. Marey used photography as a technique of capturing human movements in phases, thus laying the foundation for cinematography, which also finds an intensive involvement in Deschene's work.